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USA-Bashing aber keine Folgen? | Von Jochen Mitschka

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Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.

Natürlich fragt man sich als Autor, ob es noch Sinn macht, über die Verbrechen der US-Eliten zu berichten. Nicht umsonst gab es die freundliche Aufforderung durch US-Politiker, doch gerne ihre Aktionen zu analysieren und kritisieren, derweil sie damit beschäftig seien, die nächste Realität zu erschaffen. Es scheint sie überhaupt nicht zu betreffen. Während diejenigen, welche sich in hoffnungsloser Aufregung immer stärker mit diesen Taten auseinandersetzen, innerlich in Aufruhr sind, oder sogar schon in eine Depression rutschen, weil sie sehen, dass es keinen Sinn macht, dagegen anzukämpfen. Aber mit dem Ukraine-Krieg hat sich das möglicherweise geändert. Russland und China haben gezeigt, dass sie die Verbrechen der möchtegern-Diktatoren in den USA nicht mehr ungestraft durchgehen lassen wollen. Nicht weil es uneigennützige Staaten wären, die sich für die Freiheit der Welt einsetzen, sondern weil die USA es in ihrer Konfrontation mit diesen Ländern übertrieben haben. Und so will ich doch noch weiter auch über die negativen Seiten der US-Politik berichten, hoffe aber, dass es nicht Hass, sondern Mitleid auslöst. Dies angesichts des nun sich abzeichnenden globalen Widerstandes.

Der Jemen

Wir erinnern uns, dass China den Frieden zwischen Saudi-Arabien und dem Iran vermittelte, in dessen Folge auch sofort Friedensgespräche zwischen Saudi-Arabien und dem Jemen begannen. Ich hatte darüber berichtet. Aber natürlich ist dieser Frieden ganz und gar nicht im Interesse der USA, ebenso wenig wie die neue freundschaftliche Beziehung zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, die nun droht, die meisten Sanktionen gegen den Iran auszuhebeln.

Um zu verstehen, wie die USA versuchen, den Frieden zu verhindern, kann man zum Beispiel auf einen Artikel im The Cradle zurückgreifen. Der berichtet(1), dass Mahdi Al-Mashat, der Vorsitzende des Obersten Politischen Rates der Ansarallah-Widerstandsbewegung [auch Huthis genannt], die USA beschuldigte, die Friedensbemühungen im Jemen zu behindern, indem sie Druck auf die Länder der von Saudi-Arabien geführten Koalition ausüben. In einer Rede, von der man eine Zusammenfassung im Anhang lesen kann, habe Al-Mashat deutliche Worte benutzt(17).

Die Friedensgespräche zwischen der Ansarallah und den Saudis seien am 8. April gestartet, berichtet der Artikel, als offizielle saudische und omanische Delegationen zu einem sechstägigen Besuch in Sanaa eintrafen.

Die jemenitische Seite habe die Gespräche als "ernsthaft und positiv" bezeichnet und betont "Fortschritte in einigen Fragen in der Hoffnung, die Untersuchung der noch offenen Fragen zu einem späteren Zeitpunkt abschließen zu können." Im Rahmen dieser ersten Gespräche seien rund 900 Gefangene ausgetauscht worden. Eine weitere Gesprächsrunde sei für die Zeit nach dem Eid al-Fitr geplant, um die strittigen Fragen zu erörtern, die noch nicht geklärt wurden.

Der Artikel erklärt dann, dass mit den Gesprächen ein Krieg beendet werden soll, der 2015 begann, nachdem die Ansarallah im September 2014 die meisten Gouvernements im mittleren und nördlichen Jemen, darunter auch Sanaa, erobert hatte. Daraufhin hatte die arabische Koalition unter Führung Saudi-Arabiens und mit Unterstützung der USA und Großbritanniens Militäroperationen zur Unterstützung der jemenitischen Armee eingeleitet, um die von der Gruppe kontrollierten Gebiete zurückzuerobern. Bis Ende 2021 hatten der Krieg im Jemen und die damit einhergehende Blockade des Landes durch die Saudis und die Vereinigten Arabischen Emirate rund 377 000 Menschen getötet und die weltweit größte humanitäre Krise ausgelöst, wie der Bericht feststellt. Bleibt zu bemerken, dass Analysten und Blogger wie ich, von Anfang an den Jemen als Vietnam Saudi-Arabiens bezeichnet hatten(21). Nun zieht der saudische Kronprinz die Notbremse.

Der Empfang von Staatsgästen

Oberflächlich betrachtet war das Bashing der USA und seiner Vasallen tatsächlich ohne Folgen geblieben. Aber wer genau hinschaut, erkennt, dass sich Einiges bewegt hat. Da war zunächst der demütigende Empfang und noch schlimmere Abschied von EU-Chefin von der Leyen in China, welche durch einen Checkout wie eine normale Reisende gezwungen wurde. Aber auch die Behandlung der deutschen Außenministerin in vielen Staaten ist alles andere als überschwänglich. Dem steht der Empfang gegenüber, den Protagonisten der Entdollarisierung des Handels in Staaten erhalten, die einst zu den engsten Verbündeten der Vereinigten Staaten gezählt wurden. Dagmar Henn schreibt(2) z.B. über die Behandlung des brasilianischen Präsidenten:

„(3)Nichts wurde ausgelassen, was einem Staatsgast zeigen kann, wie willkommen er ist. Kampfflugzeuge, die den Himmel in den Farben der Landesflagge färben, Böllerschüsse aus Kanonen, Ehrenformation – dieser Empfang wurde zelebriert, wie ein solcher Empfang nur zelebriert werden kann.“

Trotz aller, teilweise berechtigter Kritik von russophilen Analysten, trotz seiner Annäherung an viele US-Positionen der Democratic Party der USA, muss man sehen, dass Lula immer noch zu den Kräften gehört, die sich für eine Unabhängigkeit vom US-Dollar und damit für die Souveränität von Staaten einsetzt. Und dies wird offensichtlich in den meisten Ländern außerhalb der alternativlosen US-Verbündeten anerkannt.

In ihrem Artikel beschreibt Henn auch noch einmal die Folgen des hegemonialen Dollars und welche Folgen die BRICS-Bank hat und was eine kommende BRICS-Währung bedeutet. Wobei zweifelsohne das Hauptgewicht des Handels in Zukunft auf der Basis der eigenen Währungen abgeschlossen werden wird. Zumindest dort, wo die Währungen einigermaßen Vertrauen genießen. Das Ende der Dollar-Hegemonie wird vielen Ländern ermöglichen, sich endlich mit ihrer Entwicklung, statt der Erfüllung von Auflagen und Rückzahlung von Krediten zu beschäftigen.

Führt Verzicht auf Dollar-Hegemonie zu einem neuen Wirtschaftssystem?

Dagmar Henn zitiert Michael Hudson und schließt sich anscheinend seiner Meinung an, dass das neoliberale Wirtschaftsmodell abgelöst werden wird:

„Sie werden Geld und Land, genauer, Wohnung und Beschäftigung, zu öffentlichen Rechten, öffentlichen Dienstleistungen machen, statt sie in Waren zu verwandeln, zu privatisieren und zu finanzialisieren, wie das im Westen geschehen ist. (…) Das wird nicht die Frage sein, ob der chinesische Yuan und der russische Rubel und andere Währungen den Dollar ersetzen. Das ist ein völlig anderes Wirtschaftssystem.“(2)

Wenn er Recht hat, wird auch die Finanzialisierung der Natur, wie sie die Förderer von Greta Thunberg beabsichtigen, damit ausgehebelt werden(22). Nur wird das aller Voraussicht nach für Deutschland nicht relevant werden. Jedenfalls nicht, bevor eine Revolution oder eine Katastrophe einen Reset verursachte. Aber interessant wird zu beobachten sein, wie sich im Verlaufe dieser Veränderung die Entwicklungen in den Schwellenländern dramatisch gestalten werden. Sicher nicht in dem Ausmaß, in dem die Entwicklung in China stattfand, aber in einem ganz anderen Umfang als unter dem post-kolonialen Diktat der Dollarkredite.

Indiens Rolle

Indien scheint sich nicht nur als Sprachrohr der neuen Gemeinschaft der Blockfreien zu sehen, sondern überraschenderweise auch als Vorkämpfer für die Abschaffung des Dollars im internationalen Handel. Zububrothers schreibt(4), dass Indien ein einzigartiges Entdollarisierungs-Modell einführt.

Alle Exporte des kleineren Partners in einem gegebenen Paar werden entdollarisiert, erklärt der Artikel, während der größere Partner dies mit seinen eigenen Exporten ausgleichen werde. Diese pragmatische Politik stelle sicher, dass genügend nationale Währungen im Umlauf ist, um den minimalen bilateralen Handelsbedarf zu decken, während gleichzeitig eine komfortable Menge an Dollars im Umlauf bleiben, um den Handel mit anderen Ländern zu erleichtern, die sich mit dem Greenback immer noch wohler fühlen.

Was die meisten Beobachter, die sich ausschließlich auf die Rolle des Yuan im Prozess der Entdollarisierung konzentrieren, nicht berücksichtigen, sei, dass Indiens neu vorgestellte Außenhandelspolitik offiziell die Internationalisierung der Rupie anstrebe, die aufgrund der Rolle des Landes als fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt eine äußerst vielversprechende Währung sei. Meint jedenfalls Andrew Korybko, der Autor des Artikels.

US-Kriegserklärung gegen China

Der Moon of Alabama erklärt in einem Blogbeitrag(5), dass die USA im Prinzip eine Kriegserklärung gegenüber China abgegeben haben. Allerdings würden durch die Beschränkungen, die US-Investoren auferlegt werden, die USA sich von zukünftigen chinesischen Profiten selbst abtrennen.

„China ist die sich am dynamischsten entwickelnde Gesellschaft. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie neue Dinge entdecken und entwickeln wird, bevor die USA dies tun. Aber anstatt auf dieser Welle zu reiten und in sie zu investieren, werden die USA sich selbst daran hindern, davon zu profitieren.“

Dabei wird aber eine Motivation, die möglicherweise hinter den Beschränkungen auch stecken könnte, in dem Artikel außer Acht gelassen. Da ein Bombenkrieg zwischen den USA und China unausweichlich erscheint, werden die USA im Verlaufe der Konfrontation höchstwahrscheinlich erklären, dass die US-Schuldverschreibungen im Besitz Chinas Null und Nichtig sind. Wer das für unwahrscheinlich hält, sollte sich vor Augen halten, welche einmaligen drastischen Maßnahmen gegen russisches Vermögen im Zugriff der USA angewandt wurden, was mit afghanischem Vermögen und dem Venezuelas passierte.

Nun haben die USA aber auch gelernt, dass in diesem Fall US-Vermögen in China als Antwort ohne Entschädigung verstaatlicht werden könnte. Durch die Verhinderung von US-Investitionen könnten die USA versuchen, das Schwert der möglichen Nichtanerkennung von Schuldverschreibungen nicht stumpf werden zu lassen.

Tatsächlich muss ich meine Warnung, die ich seit Jahren wiederhole, nicht in den USA zu investieren, um sich nicht erpressbar zu machen, nun ausweiten. Wer heute in China investiert, aber in der Gruppe der Vasallenstaaten lebt, die den Krieg der USA unterstützt, muss damit rechnen, seine Investition zu verlieren. Wer in China investiert, sollte auch dort Resident sein. Auch wenn die Gefahr besteht, dass er seine Staatsangehörigkeit verlieren könnte, wie die USA IT-Spezialisten schon androhten.

Neues US-Afrika-Projekt Sudan?

Im Sudan ist eine militärische Auseinandersetzung zwischen der Armee und einer Miliz entbrannt. Letztere sollte in die offiziellen Streitkräfte eingebunden werden, wodurch ihr Anführer drastisch an Einfluss verloren hätte. Und sobald die ersten Schüsse berichtet wurden, meldeten deutsche Medien, dass die russische Wagner-Söldner-Gruppe die Rebellen unterstützen würde. Tatsächlich aber hatten die USA den Sudan gewarnt, dass es Konsequenzen geben würde, sollten sie Russland erlauben, eine Marinebasis zu bauen, wie Ahmad Osama Satti im September 2022 berichtete(10).

Die Warnung war vom US-Botschafter in einem Interview mit der Zeitung Tayyar ausgesprochen worden. Die Zulassung der Basis sei das souveräne Recht des Sudans, aber die Entscheidung hätte natürlich(!) Konsequenzen. Schauen wir uns nun mal die zeitliche Abfolge der Ereignisse danach an:

  1. Im Februar 2023 vereinbart der Sudan, eine russische Marinebasis im Roten Meer zuzulassen.
  2. Im März besucht daraufhin (fuck the EU) Victoria Nuland den Sudan.
  3. Im April brechen die Kämpfe zwischen den RSF (Rapid Support Forces) unter Mohamed Hamdan Dagalo und der sudanesischen Armee (SAF) unter General Fattah a.-Burhan aus, welche drohen sich zu einem Bürgerkrieg auszuweiten.
  4. Die RSF wird von Analysten als CIA kontrolliert bezeichnet. Am 18. April scheint das sogar öffentlich über Twitter zelebriert zu werden, als der Rebellenführer den US-Außenminister freundlich bittet, Stellung zu nehmen(6).

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie Israel, die USA und Saudi-Arabien in den letzten Jahren im Sudan um die Macht gerungen hatten.(7) Inzwischen muss man auch die Vereinigten Arabischen Emirate zu der Gruppe hinzufügen. War da kein Platz mehr für eine russische Militärbasis?

Ein israelischer Journalist, Barak Ravid, erklärt über Twitter(8) die Rolle Israels. Er schreibt, dass Israel seine Beziehungen zu den Generälen, welche das sudanesische Militär und die RSF nutze, um sie zur sofortigen Beendigung der Kämpfe im Land zu drängen. Das hätten ihm israelische Beamte mitgeteilt. Er sagt, dass Israel versuche mit dem Sudan einen Normalisierungsprozess durchzuführen, und daher zu beiden Spitzen der feindlichen Gruppen im Dialog sei. Weitere Hinweise, die der Autor von israelischen Beamten erfahren haben will, in der Anlage(19).

Diesen Berichten zufolge wäre es keine der üblichen teile und herrsche Aktionen der USA, um missliebige Entwicklungen in einem Land zu verhindern. Die Frage ist, ob man den israelischen Beamten wirklich den Glauben schenken sollte, welche der israelische Journalist ihnen zubilligt.

Im Middleeastmonitor liest man dagegen, dass die Muslimbruderschaft sich auf die Seite der Armee geschlagen habe, und ihr Anführer erklärte:

„Dieser Krieg, der den Streitkräften aufgezwungen wurde, wurde von externen und regionalen Parteien und internen Agenten heimtückisch und mit List geplant, um die Einheit des Landes zu zerreißen, seine Armee zu zerschlagen und den Sudan in einen gescheiterten Staat zu verwandeln. Wir haben immer vor diesen externen Einmischungen gewarnt, die nichts Gutes für den Sudan wollen."(9)

Noch ist nicht vollständig klar, welche ausländischen Mächte hier gezündelt haben. Nur, dass es nicht Russland sein dürfte, sollte man annehmen. Ein Artikel in Heise(12) scheint da anderer Meinung zu sein, und es werden die üblichen unbestätigten Nachrichten verbreitet über Verbindungen zu illegalen russischen Goldgeschäften. Allerdings wird auch darauf hingewiesen, dass man seit 2017 weiß, dass es im Sudan das größte Büro der CIA in der Region gibt, was schließlich auch dazu geführt habe, dass das Land den Abraham Accords zugestimmt hatte(11). Dann bringt der Artikel noch die Länder Ägypten und Äthiopien ins Spiel.

Eins ist sicher: So lange Bürgerkrieg herrscht, wird es nichts mit der Beteiligung des Landes an der Belt and Road Initiative(13). Und es könnte die Infrastrukturentwicklung der ganzen Region verzögern. Eigentlich ganz passend für die US-Afrika-Politik, auch hinsichtlich der Vertreibung von Russlands Wagner-Gruppe aus Afrika. Wie in Bluewin.ch beschrieben(14).

„Dass die Privatsoldaten baldmöglichst zumindest aus Libyen und dem Sudan abziehen, haben sich die USA nun offenbar konkret zum Ziel gesetzt. Und Washington erhöht den Druck, wie aus Regierungskreisen in der Region verlautet. Dafür bemüht sich das Weisse Haus demnach auch um Unterstützung Ägyptens und der Vereinigten Arabischen Emirate, um die Militärführungen im Sudan und in Libyen dazu zu bringen, ihre Kooperationen mit der Wagner-Truppe einzustellen, erklären mehr als ein Dutzend Regierungsmitarbeiter aus Libyen, dem Sudan und Ägypten im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP.“(14)

Dieses Ziel, Wagner aus Afrika zu vertreiben, so der Bericht weiter, stehe bei allen Gesprächen an erster Stelle. Im Umkehrschluss könnte man daraus schließen, dass Wagner die Umtriebe der CIA in Afrika erheblich stört. Ob Letztere für Afrika positiv oder negativ sind, darüber wird sicher heftig gestritten werden.

Andrew Korybko hat eine klare Meinung, wenn er befürchtet, dass die USA nun, da die wichtigen Ausländer aus dem Land gebracht wurden, den Sudan in ein neues Libyen, wenn nicht Schlimmeres, verwandeln könnten(15). Ein stellvertretender Verteidigungsminister der USA habe laut CNN in einem Bericht über die Evakuierung von Ausländern einiges gesagt, was der Autor als klares Indiz dafür wertet, dass die USA in Wirklichkeit die Unruhen anheizen werden. Ein Auszug aus den vermuteten Aktionen findet man in Anhang(20).

Darin liege die Bedeutung der jüngsten von den Mainstream-Medien (MSM) verbreiteten Darstellung, wonach der gesamte Konflikt die Schuld Russlands sei. Im Grunde genommen sähen die USA eine Gelegenheit, auf russophober Basis sprichwörtlich „mehrere Fliegen mit einer Klappe zu schlagen“, was letztlich dazu führen könnte, dass sie Moskau in Afrika in die Defensive drängen und einen symbolischen Sieg an dieser wenig diskutierten, aber enorm wichtigen Front des Neuen Kalten Krieges erringen.

Ein erfahrener freier Journalist, Elijah J. Magnier ist der gleichen Meinung(23). Und der indische Ex-Diplomat M.K. Bhadrakumar(16) teilt ebenfalls die Befürchtungen von Korybko. Ihm zufolge war die Entwicklung ausgelöst worden durch die Neuorientierung Saudi-Arabiens weg von Krieg und Politik zugunsten der USA, wodurch auch die US-Pläne im Sudan zerstört worden seien.

„Kurz gesagt, der springende Punkt ist, dass das westliche Verständnis von Stabilität und nachhaltiger Entwicklung im Sudan durch das Prisma der neokonservativen Ideologie, die die Biden-Administration durchdringt, den Kern der Verschärfung der trägen innenpolitischen Krise im Sudan bildet, die sich seit 2019 zwischen der Armee unter Führung des De-facto-Führers Abdel Fattah al-Burhan und den bewaffneten Formationen unter Führung von Mohammed Hamdan Dagalo zusammenbraut.

Die unausgegorenen, unrealistischen politischen Lösungen, die von den westlichen liberalen Demokratien gefördert wurden, haben die Kämpfe der Militärs erheblich angeheizt. Die anglo-amerikanischen Absprachen beschränkten sich weitgehend auf den Militärischen Übergangsrat und die Kräfte für Freiheit und Wandel, eine unausgegorene Koalition handverlesener ziviler und rebellischer sudanesischer Gruppen (...), die keineswegs die nationalen Kräfte im Sudan repräsentierten. Es überrascht nicht, dass diese Versuche der Neokonservativen, einer uralten Zivilisation exotische Lösungen aufzuzwingen, zum Scheitern verurteilt waren.“(17)

Weiter schreibt der Autor, dass die von westlichen Medien verbreitete Darstellung der gegenwärtigen Krise im Sudan eine groteske Vereinfachung und ein Versuch der Vertuschung sei. Diese Krise ließe sich nicht auf einen persönlichen Streit zwischen den beiden Generälen Burhan und Hemedti reduzieren, die seit langem befreundet waren. Die Krise könne nur durch eine Sicherheitslösung gelöst werden, d.h. durch einen Integrationsprozess, der die Schnellen Eingreiftruppen in geeigneter Weise als politischen Partner in die Regierungsführung einbeziehe und nicht nur als militärische Kraft, die der Armee angegliedert ist.

Es dürfe nicht vergessen werden, dass der Sudan ein riesiges Land mit großer ethnischer und regionaler Vielfalt ist, das von etwa 400-500 Stämmen bewohnt wird. Die Stabilität des Landes hänge entscheidend von einem optimalen Modell der Interaktion zwischen den Eliten und Clans ab.

Was die Spezialeinheiten in dem aktuellen Konflikt antreibe, sei im Grunde die Erwartung, ihre Bedeutung im innenpolitischen Prozess des Landes zu erhöhen. Es muss klar sein, dass es bei den derzeitigen Auseinandersetzungen nicht um den Zugang zu militärischen Ressourcen geht, sondern um die Kontrolle über die Wirtschaft und die Verteilung der Macht.

Unterdessen habe die ungeschickte Handhabung der Regierungsbildung durch den UN-Beauftragten Volker Perthes wesentlich zur gegenwärtigen Krise beigetragen. Perthes sei ein deutscher Think Tanker des Establishments, der von der Ideologie der Neokonservativen angeheizt worden sei, und der der absolut falsche Mann für diese heikle Aufgabe gewesen sei.

Das UN-Treffen am 15. März habe gezeigt, dass der übereifrige Perthes sich von der Realität entfernt habe, indem er die Machtübergabe von der Militärverwaltung an die Zivilverwaltung überstürzt habe, anstatt sich auf die Unterstützung bei der Regierungsbildung und die Einsetzung eines Ausschusses zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung zu konzentrieren, was leider zu einer Verschärfung der Konfrontation zwischen den Kriegsparteien geführt habe.

Der Autor bemerkt, dass aber die Hoffnung für eine friedliche Lösung noch nicht aufgegeben werden solle, da der Sudan nur eine Auslandsverschuldung von weniger als 60 Milliarden Dollar habe, und der größte Teil davon auf China entfalle - und Russland wiederum in einer guten Position sei, um eine Annäherung zwischen al-Burhan und Dagalo zu fördern.

Russland nehme eine ausgewogene Position ein, meint der indische Ex-Diplomat. Während seines Besuchs im Sudan im Februar sei Außenminister Sergej Lawrow mit den Führern beider gegnerischen Seiten zusammengetroffen. Russland sei an der Stabilität des Sudan interessiert. Die anglo-amerikanische Agenda bleibe jedoch zweifelhaft. Er schließt sich dann anderen nicht-NATO-Analysten an und meint, die USA würden sich darauf konzentrieren, Vorwände für eine westliche Intervention zu erschaffen.

Aussichten

Wir sehen, dass die USA und ihre Verbündeten durchaus noch mächtig genug sind, um überall in der Welt Kriege anzufeuern und die friedliche Entwicklung von Regionen zu verhindern. Solange die Macht des Dollars so hoch ist, so lange wird dies wohl noch weiter gehen. Allerdings arbeitet die Zeit gegen diesen westlichen Machtblock, der Beherrschung und Unterdrückung unter der Ideologie des liberalen Wokismus und Finanzkapitalismus als Hauptziel verfolgt. Mit jedem Wirtschaftsvertrag, der ohne den Dollar abgeschlossen wird, sinkt seine Macht und die Fähigkeit, Staaten wirtschaftlich unter Druck zu setzen, und sinkt die Fähigkeit die militärische Bedrohung zu finanzieren.

Quellen und Hinweise:

  Der Autor twittert zu aktuellen politischen Themen unter https://twitter.com/jochen_mitschka

(1) https://thecradle.co/article-view/23909

(2) https://www.freidenker.org/?p=15823

(3) https://www.youtube.com/watch?v=ywjrcsTuSFg

(4) http://zububrothers.com/2023/04/22/india-is-introducing-a-unique-de-dollarization-model/

(5) https://www.moonofalabama.org/2023/04/us-cuts-itself-off-from-future-chinese-profits.html

(6) https://twitter.com/jochen_mitschka/status/1648398822442147849

(7) https://www.voltairenet.org/mot153.html?lang=de

(8) https://twitter.com/BarakRavid/status/1648753737811255305

(9) https://www.middleeastmonitor.com/20230419-muslim-brotherhood-in-sudan-sides-with-the-army/

(10) https://www.middleeastmonitor.com/20230419-muslim-brotherhood-in-sudan-sides-with-the-army/

(11) https://www.reuters.com/article/uk-sudan-usa-israel-idUSKBN29C0Q5

(12) https://www.telepolis.de/features/Eskalation-im-Sudan-Anzeichen-eines-neuen-Stellvertreterkrieges-8975059.html?seite=all

(13) https://africacenter.org/spotlight/implications-for-africa-china-one-belt-one-road-strategy/

(14) https://www.bluewin.ch/de/news/international/washington-auf-anti-wagner-mission-im-sudan-und-in-libyen-1614350.html

(15) https://korybko.substack.com/p/a-senior-pentagon-official-strongly

(16) https://www.indianpunchline.com/sudan-alignment-of-forces-players/

(17) In einer Rede anlässlich des Eid al-Fitr habe Al-Mashat erklärt: "Während der Verhandlungen mit der saudischen Seite unter omanischer Vermittlung haben wir an den legitimen Rechten unseres Volkes auf Freiheit und Unabhängigkeit festgehalten und an unserem Recht, die Aggression [der saudi-arabischen Koalition] zu stoppen, sie zur Aufhebung der Blockade zu zwingen und sie zur Freigabe von Gehältern aus den Erträgen unseres Staatsvermögens zu bewegen." Dann kommt er zu der Einmischung der USA und wird zitiert mit den Worten, dass "die Vereinigten Staaten versuchen, die Friedensbemühungen zu behindern und die humanitären Probleme nicht lösen wollen. Es liegt nicht im Interesse von Riad und der Region, sich dem amerikanischen Druck zu beugen. (…) Wenn wir dem Druck und den Bemühungen der USA nachgeben, geht das auf Kosten der Aggressorländer und bringt ihnen Zerstörung und Instabilität", habe der jemenitische Führer gesagt.

Die Tragödie der Opfer, die am 19. April bei einer Massenkarambolage ums Leben kamen, sei ein "anschauliches Zeugnis für die Auswirkungen der Aggression und der brutalen Blockade gegen den Jemen", so Mashat weiter. Mindestens 78 Menschen waren in Sanaa zu Tode gequetscht worden, als Hunderte von Menschen in eine Schule im Stadtteil Bab al-Yemen drängten. Sie hatten gehofft, eine Wohltätigkeitsspende von etwa 10 Dollar zu erhalten, die anlässlich der letzten Tage des Ramadan verteilt wurde.

(18) „Hinter den Kulissen: Das israelische Außenministerium hat sich in den letzten Jahren mit al-Burhan über den Normalisierungsprozess ausgetauscht, und der Geheimdienst Mossad hat sich mit Hemedti über Fragen der Sicherheit und der Terrorismusbekämpfung ausgetauscht, so israelische Beamte. Vor Beginn der Kämpfe erklärten israelische Beamte, dass sie die Gespräche im Sudan über das Rahmenabkommen, das zur Ernennung einer von Zivilisten geführten Regierung führen sollte, aufmerksam verfolgten. Als der israelische Außenminister Eli Cohen im Februar Khartum besuchte, drängte er al-Burhan, die Rückgabe der Macht an eine zivile Regierung voranzutreiben, und machte deutlich, dass es ohne sie schwierig sein wird, einen Friedensvertrag zu schließen.“(8)

(19) Auch habe Israel ein Motiv. Israelische Beamte sagten ihm, sie seien sehr besorgt, dass die derzeitigen Kämpfe das Land verwüsten, die Bildung einer zivilen Regierung verhindern und jegliche Aussichten auf ein Friedensabkommen zwischen Israel und dem Sudan zunichte machen könnten. Der Sudan sei Teil des von Trump vermittelten Abraham-Abkommens zwischen Israel und mehreren arabischen Ländern im Jahr 2020 gewesen. Doch die militärische Übernahme des Sudan ein Jahr später habe zur Aussetzung der US-Hilfe und zum Einfrieren des Normalisierungsprozesses zwischen Israel und dem Sudan geführt. Ein Auszug der Beschreibung, was hinter den Kulissen passiert sein soll, findet man im Anhang(18).

Ein hochrangiger israelischer Beamter sagte, so der Autor weiter, dass die israelische Regierung letzte Woche sicher war, dass eine Einigung über die Ernennung einer zivilen Regierung in wenigen Tagen, wenn nicht gar Stunden, zustande kommen würde, und dass sie frustriert sei, als die Vereinbarung scheiterte und die Kämpfe begannen.

Israelische Beamte hätten erklärt, dass das Weiße Haus das Außenministerium Israels am Sonntag aufgefordert habe, die beiden kriegführenden Generäle zur Vereinbarung eines Waffenstillstands zu drängen. Das israelische Außenministerium habe mit Burhans Seite, der Mossad mit Hemedtis Seite gesprochen, und beide zur Deeskalation aufforderte.

(20) „Einfach ausgedrückt: Das Pentagon wird wahrscheinlich eine Kombination aus Drohnen, elektronischen Mitteln und Satelliten einsetzen, um die Gegner der schnellen Eingreiftruppen (Rapid Support Forces, RSF) der sudanesischen Streitkräfte (SAF) auszuspionieren, und dann Kriegsschiffe nach Port Sudan entsenden, die von der neuesten (Kriegsführungs)-Zelle des AFRICOM organisiert werden. Diese Schiffe können entweder bewaffnete Hilfsgüter (unabhängig davon, ob sie als humanitäre Hilfe getarnt sind) für die SAF transportieren und/oder in der Lage sein, unter bestimmten Bedingungen eigene offensive Aktionen gegen die RSF durchzuführen.“(15)

Dabei, so Korybko, würden die sogenannten "Überlandrouten aus dem Sudan", in Wirklichkeit als Mittel zur Versorgung der SAF dienen. Das Element der "Entflechtung" in dieser Gleichung beziehe sich lediglich auf den Kontakt, den die USA auch mit der RSF haben, von der der Unterstaatssekretär für Management, John Bass, am Samstag gesagt habe, dass sie "in dem Maße kooperiert hat, dass sie im Verlauf der Operation nicht auf unsere Soldaten geschossen hat".

(21) https://jomenschenfreund.blogspot.com/2016/08/wieder-wird-ein-land-zerstort-der-jemen.html Siehe auch weitere Analysen bei Beginn des Krieges: https://jomenschenfreund.blogspot.com/search?q=Jemen

(22) https://www.politikchronist.org/index.php/shop/product/72-greta-klima-und-corona-paperback.html

(23) https://twitter.com/ejmalrai/status/1650561246893076486

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Dank an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

+++ Bildquelle: schankz / shutterstock


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