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Volksverhetzung

Volksverhetzung


Ein Meinungsbeitrag der Redaktion von anwalt.org.

Grundsätzlich gilt in Deutschland die Meinungsfreiheit, die über Artikel 5 des Grundgesetzes geregelt wird. Trotzdem muss jeder aufpassen, welche Äußerungen er insbesondere in der Öffentlichkeit kundgibt. Das liegt an der Gefahr, den Tatbestand der Volksverhetzung zu begehen. Um was es sich hierbei handelt, wie sich dieser vermeiden lässt und welche Strafen drohen, erläutert dieser Beitrag.

Was bedeutet Volksverhetzung?

Trotz der Meinungsfreiheit soll in Deutschland ein friedliches Klima herrschen. Das bedeutet, dass Ausländer als gleichberechtigte Mitbürger angesehen werden sollen. Niemand soll aufgrund seiner Herkunft oder Religion ausgegrenzt werden. Das ist die Basis dafür, dass keine Volksverhetzung erlaubt ist. Volksverhetzung geht jedoch über ein einfaches Absondern einer Person hinaus. Bei einer Volksverhetzung werden Hasstiraden geschürt, sodass auch Dritte die Idee entwickeln, gegen Minderheiten vorzugehen. Hierbei handelt es sich nicht immer nur um eine verbale Aggression oder Beleidigung – auch körperliche und psychische Gewalt ist darin inbegriffen. Nachdem all diese Situationen dazu geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören, werden sie als Volksverhetzung bezeichnet.

Wichtig: Nicht nur das Auffordern zu Gewalttaten oder die Förderung von Hass gegen bestimmte Personengruppen wird als Volksverhetzung bezeichnet. Auch das Abstreiten von früheren Gewalttaten kann als Volksverhetzung bezeichnet werden. Typisch hierfür ist das Abstreiten des Holocausts.

Wie funktioniert Volksverhetzung im Detail?

Damit der Strafbestand der Volksverhetzung erreicht ist, muss es eine Handlung sein, die nach außen dringt. Demzufolge muss aber nicht immer ein Beitrag per Internet oder Zeitschrift veröffentlicht werden. Es können Flugblätter verteilt werden oder wie im derzeitigen, modernen Lebensstil: per WhatsApp. Ein User von WhatsApp musste sich vor Gericht erklären, weil er über eine private WhatsApp-Gruppe einen rassistischen Sticker verschickte. Die Tatsache, dass sich in dieser Gruppe „nur“ 60 Personen befanden, reichte nicht aus, um nicht verurteilt zu werden. Vielmehr argumentierte das OLG in Celle im Oktober 2022 dahin gehend, dass der Versender des Stickers nicht wissen konnte, ob die Sticker über die WhatsApp-Gruppe hinaus verteilt werden. Welche Strafe der Angeklagte erhielt, ist nicht bekannt – bekannt ist jedoch, dass er den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllte.

Gegner der Corona-Impfkampagne ebenfalls betroffen?

Wie dehnbar der Begriff der Volksverhetzung ist, zeigt ein weiteres Beispiel des Politikers Fabian Jäger. Jener wurde zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt, weil er dazu aufrief, auf die Straße zu gehen. Hierbei sollten sich die Aufgerufenen gegen die Corona-Impfkampagne wehren. Das Problem des Aufrufs: Jäger verglich die Corona-Abwehrmaßnahmen mit der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten. Das wertete das Landgericht München als Volksverhetzung.

Eindeutige Regelung per Strafgesetzbuch

Der Begriff der Volksverhetzung wird über das Strafgesetzbuch definiert. Hierin heißt es unter anderem:

  • das Billigen, Verherrlichen oder Rechtfertigen von Gewalt gegen Mitglieder anderer Staaten gilt als Volksverhetzung
  • das Billigen von nationalsozialistischer Herrschaft auf öffentlichen oder auf privaten Versammlungen gilt als Volksverhetzung
  • auch das Akzeptieren der nationalsozialistischen Willkür wird als Straftat betrachtet
  • ebenso zählt das Leugnen von Volksstrafen zu dieser Straftat

Der Strafbestand der Volksverhetzung gilt seit 2009 als verfassungsgemäß. Dies hat das Bundesverfassungsgericht aufgrund der deutschen Vergangenheit per Beschluss festgelegt.

Wichtig: Wer jedoch die aktuelle Asylpolitik kritisch hinterfragt und dieser nicht uneingeschränkt zustimmt, tätigt keine Volksverhetzung. Es müssen in der Tat mindestens Beleidigungen oder entwürdigende Äußerungen getätigt werden.

Wie hoch fällt die Strafe bei einer Volksverhetzung aus?

Das Strafgesetzbuch sieht regelmäßig eine Freiheitsstrafe vor, die selbstverständlich auch auf Bewährung ausgesprochen werden kann. Abgesehen hiervon kann auch eine Geldstrafe verhängt werden. Hierbei reagieren die Gerichte enorm unterschiedlich, wie einige Beispiele zeigen:

  • eine Person, die Ausländer als kriminelles Pack, Affen, Gesocks und Ungeziefer bezeichnet hat, erhielt eine Geldstrafe von über 3.700 Euro
  • eine andere Person, die über das Erschießen und Vergasen von Asylbewerbern schrieb, wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt

Je nach Vorgeschichte des Angeklagten kann eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren ausgesprochen werden. Wichtig hierbei ist, dass niemand eine Anklage erheben muss. Jeder Tatbestand wird von Amts wegen ermittelt – das bedeutet, dass bei Kenntnisnahme solcher Äußerungen oder Taten die Polizei oder die Staatsanwaltschaft von sich aus tätig wird.

Zusätzlich zu den von den Gerichten festgesetzten Strafen muss ein Angeklagter mit weiteren Konsequenzen rechnen. Nicht selten entscheiden sich die Arbeitgeber dazu, eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses auszusprechen, wenn es im Kollegium von den Äußerungen betroffene Personen gibt. Zudem werden solche Verurteilungen in das persönliche Führungszeugnis aufgenommen, wodurch sich die Bewerbung um neue Arbeitsstellen wesentlich erschwert.

Weitere Informationen finden Sie unter www.anwalt.org.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 31.8.2023 bei anwalt.org.

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Wir danken den Autoren für das Recht zur Veröffentlichung dieses Beitrags.

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Bildquelle: Tom van Hoorn / Shutterstock.com


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