Ein Kommentar von Dirk C. Fleck.
Jetzt zerren, hakeln, treten und schmeicheln sie einander wieder in der „politischen Mitte“. Diese leblose, arrogante, selbstverliebte, jede Verantwortung ablehnende, dem Coronagott huldigende Berliner Mischpoke balgt sich um Pöstchen. Ein sattsam bekanntes Schauspiel. Das dauert noch.
Noch vor wenigen Wochen äußerte sich CSU-Chef Söder folgendermaßen: „Platz zwei bedeutet am Ende Opposition.“ Punkt. Er sagte das, weil Platz zwei für ihn unvorstellbar war. Aber noch am Wahlabend, als klar war, dass die Wähler der Union krachend in den Allerwertesten getreten haben, sah Söder plötzlich alle Chancen für die CDU/CSU. Gemeinsam mit FDP und Grünen müsse die Union nun eine bürgerliche Regierung anstreben. Sehen Sie, so gutbürgerlich geht es zu bei uns.
Ich will hier nicht groß rum lamentieren, es geht eh alles seinen unappetitlichen Gang. Und fast jeder dieser „Volksvertreter“ nimmt nun das Wort Klimaschutz in den Mund. Wichtig, oberwichtig! Ebenso wie die „Versöhnung“ von Ökologie und Ökonomie. Ich rate jedem, der noch bei Trost ist, diese Versprechen in einem Jahr abzuklopfen. Ach was, sparen wir uns die Mühe. Wir wissen doch ohnehin, dass nichts konsequent genug in Szene gesetzt wird, um auch nur das Schlimmste zu verhüten. Wie hat der leider viel zu früh verstorbene FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher mir in einem Gespräch gesagt: „Alle Versuche, die absehbare Katastrophe zu verhindern, kommen mir vor, als würde man in ein völlig verrottetes Haus noch schnell den Elektriker schicken, um eine Steckdose auszuwechseln.“ - „Mir kommt es vor, als würde man an einem gefährdeten Strand noch schnell ein Büschel Seegras pflanzen, um die Macht des heran nahenden Tsunamis zu brechen,“ antwortete ich und wir beide wußten nicht, ob wir lachen oder weinen sollten.
Der Drops ist gelutscht, Freunde.
Unsere sogenannte Demokratie dient lediglich als Deckmäntelchen für legalisierte Schweinereien. Dass sie auf die dringendsten Probleme unserer Zeit angemessen reagiert, glaubt eigentlich niemand mehr. „Unsere demokratischen Muster werden nicht ausreichen, um mit der ökologischen Herausforderung fertig zu werden“, schrieb das World Watch Institute bereits 1992, das gewiss nicht in Verdacht steht, ein Haufen alternativer Spinner oder Revoluzzer zu sein. Und UN-Generalsekretär Butros Butros-Ghali fand in einem kaum beachteten Dossier im August 1993 zu der Erkenntnis: „Globale Umweltaspekte könnten sogar wichtiger werden, als die Souveränität eines Landes.“ Grünhelme statt Blauhelme? Durchaus möglich, weil von oberster Stelle längst angedacht. Es wäre ein politischer Notwehrreflex, weil unsere auf Wachstum programmierte Gesellschaft das Blatt ohne radikale Gegenmaßnahmen nicht wenden, sondern ausreizen wird. Halten Sie die Herrschaften aus der gutbürgerlichen Mitte für fähig, radikale Gegenmaßnahmen, für die es jetzt größtenteils bereits zu spät ist, einzuleiten? Wir haben es schon mit verheerenden Langzeitfolgen unseres unsäglichen Treibens zu tun: Atommüll, Verlust der Regenwälder, Verlust der Artenvielfalt, globaler Pestizideinsatz Plastikschwemme, Überfischung, Geoengineering, um nur einige zu nennen .
„Unser Planet wird in den nächsten Jahren zu einem globalen Dorf schrumpfen, in dem die Menschen jeder Mitverantwortung enthoben auf ein reines Konsumentendasein reduziert sein werden. Ein manipuliertes und total überwachtes Milliardenheer wird sein Leben im Scheinpluralismus weniger Konzerne fristen. Dies, so scheint es, wäre dann der Gipfel unseres Demokratie-Verständnisses…“, schrieb ich ins Nachwort meines Buches „GO!-Die Ökodiktatur“. Das war 1993. Inzwischen befindet sich die Realität längst auf der Überholspur.
Der Umbau unserer globalen Konsumkultur ist das wichtigste Ereignis in der Geschichte der Menschheit. Ob das Scholz, Laschet, Söder, Baerbock und all den anderen Politdarstellern im Land bewusst ist? Glaube ich kaum.
Dabei hatten wir unsere Chance. Wir hatten sie immer. Wir konnten sie nur nicht nutzen, weil wir als politisches Gemeinwesen keine Idee besaßen, was und wer wir eigentlich sein wollten. Fakt ist, dass die Schöpfung von uns in jeder Sekunde geschreddert wird. Gnadenlos, gefühllos, sinnlos. Obwohl Millionen, wenn nicht Milliarden von Menschen die Mechanismen des kapitalistischen Giersystems, unter dem sie extrem zu leiden haben, inzwischen durchschaut haben, wird sich nichts ändern. Der globalen Finanzelite ist es nämlich einfach zu teuer, die Erde zu retten. An dieser Stelle möchte ich Abraham Lincoln zitieren, den 16. Präsidenten der Vereinigten Staaten. Er regierte von 1861 bis 1865, bis er am Karfreitag desselben Jahres im Ford`s Theatre in Washington D.C. einem Attentat zum Opfer fiel.
„Die Macht des Geldes,“ so Lincoln, „ist despotischer als eine Monarchie, unverschämter als eine Autokratie und egoistischer als eine Bürokratie. Sie verleumdet all jene als Volksfeinde, die ihre Methode in Frage stellen und Licht auf ihre Verbrechen werfen. Eine Zeit der Korruption an höchsten Stellen wird folgen und die Geldmacht des Landes wird danach streben, ihre Herrschaft zu verlängern, bis der Reichtum in den Händen von wenigen angehäuft und die Republik vernichtet ist“.
Seit hundertfünfzig Jahren, seit Beginn der Industrialisierung, stellen sich couragierte Männer und Frauen dem Wahnsinn entgegen. Ich nenne diese Menschen Mahnwesen. Sie wussten und wissen, dass der von den Menschen eingeleitete Ökozid irgendwann an den Nerv allen Lebens geht. Ihnen blieb und bleibt keine andere Wahl, als radikal Position zu beziehen, was in der manipulierten und narkotisierten Gesellschaft, die wir heute vorfinden, mit hohen Risiken für Leib und Leben verbunden ist.
Einer dieser Menschen ist Paul Watson, ehemaliges Gründungsmitglied von Greenpeace. Diese Umweltschutzorganisation war ihm aber zu lau, zu kompromissbereit. Seit Jahren schippert Watson nun mit seiner „Sea Shepherd“ über die Meere und rammt Walfangschiffe. Watson: „Ich vertrete die Menschen, die noch nicht geboren sind und die mit Verachtung auf unsere Generation zurückblicken werden.“
In einer Zeit, in der die Erde eher einem Industrie- und Verkehrspark als einem paradiesischen Lebensraum gleicht, können solche Botschaften zu Initialzündungen werden. So ist es kein Zufall, dass der ehemalige UN-Mitarbeiter Stéphane Hessel mit seinem Traktat „Empört Euch!“ allein in Frankreich drei Millionen Leser fand. Ähnlich erfolgreich war das Buch „10 Milliarden“ von Stephen Emmott, Professor in Oxford und Leiter eines von Microsoft aufgebauten Forschungslabors. Zum ersten Mal zeichnete ein Experte ein zusammenhängendes, aktuelles und für jeden verständliches Bild unserer Lage. Kein theoretischer Überbau, kein moralischer Zeigefinger, nur die Fakten, und die darauf basierende unmissverständliche Botschaft lautete: „Wir sind nicht zu retten“.
Die Sorglosigkeit der Parteivorsitzenden zeugte in der Wahlnacht trotz aller guten Klimavorsätze nur von einem: von enormer Ahnungslosigkeit. Eine Ahnungslosigkeit, die man mit einem totalen Wahlboykott hätte beantworten müssen. Das hätte uns auf die Sprünge geholfen, das wäre eine gute demokratische Wahl gewesen. Man wird ja noch träumen dürfen …
+++ Bildquelle: shutterstock / Igor Link
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